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Manche Chemiker, die die Karl-Fischer-Titration (KFT) nutzen, sorgen sich wegen möglicher Nebenreaktionen, weil sie wissen, dass die Wasserbestimmung in ihren Proben nur spezifisch sein kann, wenn es keine Nebenreaktionen gibt. Andere KFT-Anwender wissen gar nicht, welche Nebenreaktionen überhaupt möglich sind, und erhalten daher u.U. falsche Ergebnisse.

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Was sind Nebenreaktionen?

Dies sind Reaktionen mit Substanzen in der Probe, die:

 

  • die Stöchiometrie der KF-Reaktion stören
  • den pH-Wert des KF-Reagenzes verändern
  • entweder selbst Wasser produzieren oder verbrauchen
  • an der Anode der Generatorelektrode oxidierend wirken
  • an der Kathode der Generatorelektrode reduzierend wirken
  • reagieren mit den Inhaltsstoffen des KF-Reagenzes

Erkennen von Nebenreaktionen

Eine der ungünstigsten Umstände, die mit einer KFT einhergehen können, ist es, gar nicht zu wissen, dass eine Nebenreaktion die Ergebnisse verfälscht. Im Folgenden finden Sie einige charakteristische Anzeichen für Nebenreaktionen.

Nebenreaktionen lassen sich oft anhand der Titrationszeit und der Titrationskurve erkennen, wie in dieser Grafik dargestellt.
Abbildung 1 Nebenreaktionen lassen sich oft anhand der Titrationszeit und der Titrationskurve erkennen, wie in dieser Grafik dargestellt.

Titrationszeit und Titrationskurve

Einige Anzeichen für Nebenreaktionen sind längere Titrationszeiten im Vergleich zur Titration eines Wasserstandards, eine langsame Endpunktserkennung und ein höherer Driftwert nach Beendigung der Titration als zu deren Beginn. Der Vergleich der Titrationskurven der Probe und eines Wasserstandards mit einer ähnlichen Wassermenge erleichtert die Beurteilung der Situation. Tragen Sie einfach das Volumen gegen die Zeit auf (oder µg Wasser gegen die Zeit im Falle der Coulometrie). Zeigt die Kurve einen stetigen Anstieg, wie in Abbildung 1 (in orange) dargestellt, kann dies auf eine Nebenreaktion hindeuten.

 

Weicht die Steigung der Regressionsgeraden für die Wertepaare Wassergehalt/Titriermittelverbrauch deutlich von 0 ab, deutet dies auf eine Nebenreaktion hin.
Abbildung 2. Weicht die Steigung der Regressionsgeraden für die Wertepaare Wassergehalt/Titriermittelverbrauch deutlich von 0 ab, deutet dies auf eine Nebenreaktion hin.

Linearität

Wenn Sie feststellen, dass der Wassergehalt vom Probengewicht oder vom Titriermittelverbrauch (µg Wasser für die Coulometrie) abhängt, können Sie die Steigung einer Regressionsgeraden überprüfen, indem Sie den Wassergehalt gegen den Titriermittelverbrauch (µg Wasser) auftragen. 

Im Idealfall sollte die Steigung (b) 0 sein. Deutlich positive oder negative Werte können auf eine Nebenreaktion hinweisen, wie in Abbildung 2 dargestellt.

Aufstockung

Liegt der nach der Aufstockung der Proben die Wiederfindung von Wasser nicht innerhalb von 100 ± 3 %, kann dies auf eine Nebenreaktion hinweisen. Je nach Art und Geschwindigkeit der Nebenreaktion kann die Wiederfindung zu hoch oder zu niedrig sein. Zum Beispiel verändern Proben, die DMSO (Dimethylsulfoxid) enthalten, die Stöchiometrie der Karl-Fischer-Reaktion.  Zu niedrige Messwerte sind die Folge.

Bitte beachten Sie, dass eine Wiederfindungsrate von nahezu 100 % nicht garantiert, dass keine Nebenreaktion vorliegt. Sehr schnell ablaufende Nebenreaktionen werden nicht erkannt, da die Nebenreaktion bereits abgeschlossen ist, wenn der Aufstockungsprozess beginnt. Ein Aufstockungsverfahren wird in Kapitel 2.5.12 des Europäischen Arzneibuchs ausführlich beschrieben.

 

Vorversuche

Die Oxidation von Jodid oder die Reduktion von Jod führt zu falschen Ergebnissen.

Wie können Sie überprüfen, ob Ihre Probe eine Nebenreaktion mit Jod oder Jodid eingeht?? Ein einfacher Vorversuch kann Klarheit schaffen. Lösen Sie die Probe in einer schwach sauren (alkoholischen) Lösung und geben Sie anschließend einige Tropfen Jod- oder Kaliumjodidlösung hinzu. Eine eventuelle Farbänderung (Entfärbung des zugegebenen Iods oder Bildung von braunem Iod) weist auf eine Nebenreaktion hin. 


Auswertung von Redoxpotentialen

Der Vergleich der Redoxpotentiale der Redoxpaare von Probensubstanzen mit dem Redoxpotential von Jod/Jodid kann hilfreich sein, um zu beurteilen, ob möglicherweise eine unerwünschte Redoxreaktion auftritt.

Ist das Standardpotential höher als das von Iod/Jodid, wie z. B. im Falle von Chlor, kann die Oxidation des Iodids fälschlicherweise zu niedrige Feuchtegehalte bewirken.

Ist das Standardpotential dagegen niedriger (z. B. bei Blei), kann die Reduktion des Iods zu hohe Feuchtegehalte ergeben.

Element, das den Oxidationszustand ändert
oxidierte Form + e → reduzierte Form
Standardelektrodenpotential E°
CI Cl2 + 2e ⇌ 2 Cl +1,36 V
I I2 + 2e ⇌ 2 I +0,54 V
Pb Pb2+ + 2e ⇌ Pb -0,13 V

Vermeiden von Nebenreaktionen

Die meisten Nebenreaktionen können durch geeignete Maßnahmen, wie sie hier aufgeführt sind, unterdrückt werden.

  • Bei Ketonen und Substanzen, die mit dem im KF-Reagenz enthaltenen Methanol reagieren: Verwenden Sie methanolfreie Reagenzien.
  • Bei Proben, die den pH-Bereich des KF-Reagenz senken: Geben Sie Pufferlösung für Säuren oder einen stöchiometrischen Überschuss an Imidazol zusetzen.
  • Für Proben, die den pH-Wert erhöhen (z. B. aminhaltige Basen): Pufferlösung für Basen oder einen stöchiometrischen Überschuss an Salicylsäure/Benzoesäure zugeben.
  • Hohe Drift nach der Titration: Eine Nachdrift-Korrektur kann hilfreich sein. Dazu wird die Titration zu einem bestimmten Zeitpunkt gestoppt und der Mehrverbrauch über mehrere Minuten aufgezeichnet. Dies ermöglicht die Berechnung der Drift nach der Titration. Diese Nachdrift wird dann zur Korrektur der gefundenen Wassermenge verwendet.
  • Jodreduzierende Proben: Ziehen Sie den Jodverbrauch des Reduktionsmittels in der Probe vom Gesamtjodverbrauch der Probe ab.
  • Proben, die Jodid oxidieren: Reduzieren Sie das Oxidationsmittel, z. B. Cl2, vorab mit einem Überschuss an SO2, beispielsweise durch Behandlung der Probe mit dem Lösungsmittel eines Zweikomponentenreagenzes.
  • Allgemeines: Führen Sie die Titration in einer thermostatisch geregelten Zelle durch, die an einen Umwälzthermostaten bei z. B. -20 °C angeschlossen ist, um die Nebenreaktion zu verlangsamen. Beachten Sie, dass die Titrationsparameter an die niedrigen Temperaturen angepasst werden sollten.
  • Allgemeines: Extrahieren Sie das Wasser mit der KF-Ofenmethode, wenn die störenden Komponenten bei Ofentemperatur thermisch stabil sind.
  • Allgemeine Hiweise: Maskieren oder eliminieren Sie die störende Komponente, z. B. durch Zugabe von N-Ethylmaleimid im Fall von Thiolen.


Erfahren Sie mehr über die Karl-Fischer-Ofen-Methode in unserem Blogartikel.
 

Ofenmethode zur Probenvorbereitung bei der Karl-Fischer-Titration

 

Zusammenfassung

Nebenwirkungen können Ihre Ergebnisse negativ beeinflussen und verfälschen. Wenn Sie diese Nebenreaktionen kennen, können Sie sie auch vermeiden. Das ist entscheidend für möglichst genaue Bestimmungen.

Weitere Informationen finden Sie in unserer Blogserie über häufig gestellte Fragen zur Karl-Fischer-Titration.


Häufig gestellte Fragen zur Karl-Fischer-Titration – Teil 1

Häufig gestellte Fragen zur Karl-Fischer-Titration – Teil 2

Laden Sie unsere kostenlose Monographie herunter:

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Wasserbestimmung durch Karl-Fischer-Titration

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Margreth

Michael Margreth

Sr. Produktspezialist Titration (Karl-Fischer-Titration)
Metrohm Internationaler Hauptsitz, Herisau, Schweiz

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